Zeit der Besinnung

Stolpersteine sind nicht nur kleine Denkmäler im Kopfsteinpflaster unserer Städte, sondern auch symbolische Fußnoten in unserer kollektiven Erinnerung, die zum Innehalten und Reflektieren einladen. In Schluttenbach erinnern neue Stolpersteine an zwei geistig behinderte Bürger, deren Leben in den dunkelsten Kapiteln unserer Geschichte ausgelöscht wurde. Diese kleinen, mit Messing beschlagenen Quadrate im Boden sind stumme Zeugen vergangener Unmenschlichkeit und mahnen uns, die Würde jedes Einzelnen zu respektieren. Doch Stolpersteine können auch metaphorisch verstanden werden, wie Feiertage, die uns dazu bringen, über größere Ideale nachzudenken. Der 1. Mai erinnert uns an die Kämpfe und Errungenschaften der Arbeiterbewegung, während Ostern die Hoffnung und Erneuerung symbolisiert. Diese Tage sollten heilig gehalten werden, um die Lehren der Vergangenheit zu bewahren und nicht durch politische Instrumentalisierung entwertet zu werden. So wie die Stolpersteine uns auffordern, die Geschichte nicht zu vergessen, fordern uns Feiertage auf, unsere Werte zu reflektieren und zu ehren. In einer Zeit, in der gesellschaftliche Spaltung und politischer Zynismus zunehmen, sind diese Erinnerungen entscheidend für unser kollektives Gewissen und unsere zivilisatorische Identität.

Rainer Kunz,
Liberaler Stadtrat und Schluttenbacher Ortschaftsrat